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Shoppen gehen in Sierra Leone

Eine Blog-Reihe

Ich möchte euch nun meine Idee zu einer Blogeintrags-Reihe vorstellen. Unter dem Motto: "... in Sierra Leone" möchte ich verschiedene alltägliche Sachen vorstellen, die in Sierra Leone komplett oder zum Großteil anders laufen als in Deutschland. Ich habe lange darüber nach gedacht, wie ich die Reihe nenne und habe mich jetzt doch für die Variante entschieden, obwohl es sich bei manchen Themen echt stark nach einem Arthouse-Film anhört, wenn nicht sogar bei allen. Nun ja wer meckern will, kann sich ja gerne einen anderen Titel ausdenken. 
Diese Reihe starte ich heute mit dem Thema Klamottenkauf, da es aber auch noch mal den extra Eintrag "Einkaufen" geben wird, heißt dieser nun Shoppen gehen und nicht Einkaufen. Ich werde nicht alle Themen hintereinander schreiben. Zwischen drin wird es auch mal Einträge geben die nicht Teil der Reihe sind. Da ich selbst langsam das Gefühl dafür verliere, was für euch interessant sein könnte, da es bei mir schon Alltag wird, würde ich euch bitten, wenn ihr Vorschläge habt oder über etwas besonderes lesen wollt, mir einen Kommentar zu hinterlassen oder auch eine persönliche Nachricht schreibt (Kontakt). Generell würde ich mich freuen, wenn ihr etwas zu dieser Idee sagt, weil wenn das eigentlich keiner Wissen, geschweige denn lesen will, kann ich mir sehr viel Arbeit ersparen.
Das erstmal im voraus. Ich danke jedem der sich die Mühe macht mir zu antworten und nun viel Spaß mit "Shoppen gehen in Sierra Leone" ;)
                                                                                                                                                                                                        

Traditionen

Die Kleidung ist für Sierra Leoner ein wichtiger Bestandteil des Alltages, denn sie mögen es sich schick zu machen. Generell verlassen sie nicht das Haus, wenn sie nicht gut und ordentlich angezogen sind und gut aussehen. Am Freitag ist Traditionstag. Das heißt, dass fast alle hier am Freitag traditionelle Kleidung tragen. Traditionelle Kleidung ist im übrigen auch das schickste was man tragen kann. Das finde ich eine klasse Sache, denn hier merkt man, dass die Sierra Leoner stolz auf ihre Kultur und ihre Traditionen sind. Das habe ich in europäischen Ländern noch nicht so erlebt. Also zumindest nicht so, dass du am besten gekleidet bist, wenn du in traditioneller Kleidung kommst. Da denken die Leute wohl eher du gehst zu einer Kostümparty. Am Samstag dürfen dann ausnahmsweise auch mal dreckige Sachen getragen werden, da es Ende der Woche ist und meist erst danach Sachen gewaschen werden. Zum Gottesdienst am Sonntag trägt man dann wieder traditionell, zieht es aber danach wieder aus. Im übrigen wird Alltagskleidung überall akzeptiert, solange man nicht zu viel Schenkel zeigt, dass ist hier nämlich sehr aufreizend, und elegante und schicke Kleidung wird nur zu besonderen Anlässen erwartet. Zu besonderen Anlässen werden oft auch Stoffmottos gemacht. So ist es nicht unüblich, dass bei einer Hochzeit sich die Braut einen Stoff aussucht und die Gäste alle zu dem einen Laden gehen, sich den Stoff kaufen und sich dann ein Kleidungsstück in der Art schneidern lassen, wie sie es gerne tragen.

Was nicht ganz zum Thema passt, ich aber ziemlich lustig finde, ist das hier viele Leute mit T-Shirts rumlaufen auf denen etwas deutsches steht oder einer deutschen Firma, wie zum Beispiel Lidl, gehört. Das kommt daher, dass hier die Sachen ankommen, die in Deutschland aussortiert werden.

Die verschiedenen Möglichkeiten Sachen zu kaufen

Eine Sache die wohl jedem klar sein wird: In Sierra Leone gibt es nicht so riesige Einkaufszentren wie zum Beispiel das Alexa, wo man einmal hineinspaziert und gleich alle, für einen wichtigen, Klamottenläden auf einem Haufen hat. Dort treibt man sich dann ein paar Stunden rum und gut ist. Nein, in Sierra Leone ist das nicht ganz so einfach. Oder doch es ist einfach, wenn man das Prinzip durchblickt hat. Im wesentlichen gibt es in Sierra Leone vier Möglichkeiten, wenn man sich Anziehsachen kaufen möchte. 
1. Möglichkeit: Ihr lauft durch die Straße oder den Markt und geht zu einem "Second-Hand-Laden". 
2. Möglichkeit: Ihr geht in eine sogenannte "Boutique"
3. Möglichkeit: Ihr kauft euch Stoff und lasst euch etwas schneidern.
4. Möglichkeit: Ihr kauft auf dem Markt schon fertig geschneiderte Sachen.
Im folgenden werde ich euch diese Möglichkeiten noch ein bisschen ausführlicher erklären, gegebenenfalls mit Vor- und Nachteilen.

"Second-Hand-Laden"

Wenn ich hier durch Bo laufe, sehe ich im Zentrum an jeder oder fast jeder Ecke so einen Laden. Das sind meist kleine Stände aus Holz, wo alle möglichen Sachen aufgehängt sind. Zum Teil auch oft so viele, dass du gar nicht alle Teile sehen kannst. Sobald du dich an diesen Stand stellst kommt der Verkäufer an und versucht dir alle Sachen zu verkaufen und sagt dir eigentlich bei jedem Kleidungsstück wie gut einem das steht... Auch wenn das nicht unbedingt stimmt. Ein Beispiel von einem geplanten Schuhkauf von mir. An dieser Stelle will ich kurz anmerken, dass das extra Stände sind und nicht in den "Klamottenläden" mit inbegriffen sind. So stand ich also vor dem Stand und wollte Schuhe anprobieren, habe aber zunächst auf die Schuhgröße geschaut. Eine 36 ist nicht so ganz meine Größe, also legte ich sie wieder zurück. Da kam die Verkäuferin an und meinte ich solle sie doch anprobieren und als ich ihr erklären versuchte, dass das so gar nicht meine Größe sei, winkte sie einfach nur ab. Also wollte ich es ihr beweisen und zog den Schuh an. Da fing sie gleich an zu schwärmen, wie gut sie mir doch passen würden und dass das genau meine Größe sei. Nun, ich war nicht der gleichen Ansicht immerhin habe ich eine Schuhgröße 40 und mein Fuß passte gerade so in den Schuh, dass meine Zehen vorne überstanden. Das schien die Frau aber nicht zu interessieren, so zog ich sie also wieder aus und bedankte mich nett lächelnd mit der Entschuldigung, dass dies doch nicht so ganz meine gesuchten Schuhe wären. Im übrigen ist es für mich sehr schwer hier Schuhe zu finden, da die Frauen hier ziemlich kleine Füße haben und so heißt es bei mir nun: Sobald du einen Schuh in 40 findest, kaufe ihn. Und das konnte ich bisher nur einmal anwenden. 
Bei den Klamotten ist das zum Glück nicht so ein Problem. Hier gibt es Sachen aus Europa die aussortiert wurden, fast gar nicht oder nie getragen wurden. Und da man hier noch ganz altmodisch handelt und die Leute hier eh nicht wissen, was man in Europa so für Sachen zahlt, kriegst du hier auch mal ein nie getragenes Zarashirt für weniger als 10 Euro, was in Deutschland mindestens 20 Euro kostet. Im Grunde mag ich diese "Second-Hand-Stände" sehr gerne, weil man viel Auswahl hat, allerdings ist auch hier das Problem: "Wenn dir etwas gefällt kaufe es gleich, sonst ist es beim nächsten Mal weg". Und ich bin leider eine nicht so schnelle Entscheiderin

Boutique

Hier in Bo haben wir zwei oder drei sogenannte Boutiquen. In Freetown natürlich mehr. Diese Boutiquen haben im Gegensatz zu den "Second-Hand-Läden" alle Sachen mehrfach. Allerdings sind auch die Preise zehnfach. Und da die Menschen hier sehr auf Glitzer abfahren, fühle ich mich in diesen Boutiquen eher wie im Barbiepuppenland, als in einem normalen Einkaufsladen. Deshalb werde ich wohl auch nie was in diesen Läden kaufen, denn ganz ehrlich: Was soll ich mit einem stark glitzerndem Cinderellakleid mit 10 Lagen in Deutschland, geschweige denn in Afrika. Allerdings fährt Lotte total auf diese Läden ab und so werde ich mich wohl noch ein paar Mal in solchen Boutiquen rumtreiben. Aber einen weiteren Vorteil gibt es dennoch: Man wird hier nicht so von Verkäufern bestürmt, sobald man den Laden betritt und das ist schon ganz angenehm.

Sich ein afrikanisches Kleid schneidern lassen


Das erkläre ich hier mit einer kleinen Anleitung. Ich glaube, man versteht das dadurch sehr gut.
P.S: Ein Haarband wird meist gratis dazu gemacht.

1. Schritt: Stoff kaufen

Um einen Stoff zu kaufen, fährt man auf den Markt. Hier hat man dann eine große Auswahl an Stoffen aus denen man sich einen oder mehrere aussuchen kann. Hier gibt es bunte bemusterte Waxstoffe, Spitzenstoffe oder weiche einfarbige Stoffe. Um ein Oberteil oder einen Rock oder auch eine Hose rauszubekommen sollte man etwa 2 Yard kaufen (1 Yard = 0,9144 Meter), für ein Kleid etwa 3-4 Yard, je nachdem wie lang das werden soll. Diese Preise variieren je nach Stoff zwischen 15.000 und 40.000 Leone pro Yard, also zwischen 2 bis etwa 5 Euro. Für meine beiden Stoffe habe ich für 2 Yard 30.000 und für 4 Yard 80.000 Leone gezahlt

2. Schritt: Einen guten Schneider finden

Es gibt hier zwar viele Schneider, allerdings können nicht alle so gut schneidern wie man denkt. Ich hatte einfach das Glück, dass meine Gastfamilie schon einen ganz guten gefunden hat. Das heißt aber nicht immer, dass man 100% das bekommt was man will (siehe weiter unten).

3. Schritt: Mit dem Schneider deine Maße und die Art des Kleides absprechen

Zuerst erklärst du dem Schneider was du für ein Kleid willst. Hier bist du auf der sicheren Seiten, wenn du dir vorher einige Kleider von Menschen auf der Straße anschaust und dich für eine eher traditionelle Art
entscheidest. Solltest du ein "moderneren" Schnitt bevorzugen, solltest du das am besten vorher aufzeichnen, dann kriegen sie es vielleicht so ähnlich hin. Ich persönlich habe mich für einen Mermaid-Schnitt entschieden, das heißt das Kleid wird am Hintern eng und unten weiter. Danach nimmt der Schneider maß. Anschließend wird der Preis besprochen. Für ein Kleid waren das 40.000 (etwa 5 Euro) und für ein Hemd ohne Stickereien 30.000, mit Stickereien kostet es 50.000. Die Hälfte des Preises streckt man dann vor, den Rest zahlt man wenn es fertig ist.

4. Schritt: Warten

Das kann 1 Woche bis 1 Monat dauern

5. Schritt: Kleid abholen und anprobieren

Wenn das Kleid dann fertig ist (man muss im übrigen einfach hingehen und schauen, ob es fertig ist) wird einem das Kleid übergeben. Ich kann hier nur empfehlen, es gleich vor Ort anzupr
obieren. Ich hatte zwar mit meinem Kleid Glück, so dass es gleich super gepasst hat, bei Susi und Milli allerdings musste nochmal umgenäht werden. Also wird nochmal geschaut, wo etwas nicht stimmt und dann gibt man das Kleid nochmal ab und wartet.

6.Schritt: Nun ist es hoffentlich fertig

Ein geschneidertes Kleid für insgesamt 120.000, also etwa 15 Euro und ein Hemd ohne Stickerei insgesamt für 60.000, etwa 8 Euro.


Afrikanische Kleidung kaufen

Bisher habe ich diese Möglichkeit nur in Freetown gesehen. Hier gibt es dann Wickelröcke, bei denen die Größe egal ist, Männerhemden, ganz weite Kleider für die man einen Gürtel braucht und sehr weite Hosen. Es sind also alles Unisex Sachen. Wenn man Glück hat, kriegt man diese Sachen billiger, als wenn du dir Stoff kaufst und zum Schneider gehst.



Zum Abschluss muss ich noch sagen, ich bin schon in Deutschland nicht so der Shoppingtyp gewesen und da man hier noch mehr rumrennen muss, bevorzuge ich wohl schon die Schneidervariante. Wo kriegst du denn in Deutschland so billig ein Kleid? Ich habe auch schon ein weiteres Kleid in Planung, sowie ein Oberteil. Prinzipiell kaufe ich nun einfach Stoffe und werde sie mir im Laufe des Jahres schneidern lassen. Und das ist hier mit allem so, wenn du etwas siehst kaufe es, sonst ist es weg. Ich hoffe der Eintrag war irgendwie aufklärend oder auch nur interessant. Ich sammle weiter fleißig Informationen und wie schon gesagt: Habt ihr Vorschläge bin ich sehr offen dafür, denn ich vergesse leider jetzt schon oft was für euch wohl ganz komisch wäre, ich mich aber schon damit abfinde.

Eure Anna

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