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Führerschein


Nach dem ich im August einen Eintrag über den Straßenverkehr hier in Sierra Leone gemacht habe, habe ich mich dazu entschieden eine driving-licens zu machen, also einen Sierra Leonischen-Führerschein. Und ja, so wie manche von euch habe ich mich bei meiner zweiten praktischen Fahrstunde auch gefragt: "Bist du eigentlich lebensmüde in Afrika fahren zu lernen?"
Seit Ende August gehe ich nun regelmäßig zur Fahrschule. Von Montag bis Samstag hat die Fahrschule auf und man macht jeden Tag etwa eine Stunde (Wobei das auch relativ ist. Meist ist es eher so eine halbe Stunde). Also zumindest andere. Ich habe für mich gemerkt, dass ich mehr als nur einen Tag in der Woche mal Pause brauche, vorallem weil ich meist sofort nach der Schule losgehe.
Die ersten fünf Tage bestehen aus Theorie, wobei ich zugeben muss, dass es bei mir nur drei waren. Hier lernt man die Straßenschilder kennen, Fahrbahnmarkierungen und auch ein wenig das Innenleben des Autos. Aber ganz ehrlich, selbst der Lehrer weiß nicht immer von was er redet. So hat er zwar bei dem Schild Minimum Speedlimit den richtigen Namen genannt, aber die Erklärung fiel ungefähr so aus:"Du musst genau die Geschwindigkeit fahren oder drunter." Aber auf die Namen legen sie große Bedeutung. So hätte ich wohl nach zwei Tagen mit dem Autofahren anfangen können, wenn ich doch nur die Schildernamen hätte runterbeten können und ihm nicht nur die Bedeutung gesagt hätte. So bin ich also den dritten Theorietag nur hingegangen um ihm die Schildernamen auswendig auf Englisch zu sagen. Dann saß ich das erste Mal im Fahrschulauto. Wenn ihr eine deutsche Fahrschule gemacht habt: Vergesst es. Man kann meine Fahrschule nicht mit euch vergleichen. Da wäre zu erst einmal das Auto: Es hat nur auf der Fahrerseite Pedalen, so dass mein Fahrlehrer nicht wirklich eine Möglichkeit hat in einem Notfall zu agieren, außer in mein Lenkrad zu greifen. Dann hat es keine intakte Geschwindigkeitsanzeige, so dass ich nie wirklich weiß wie schnell ich gerade eigentlich fahre. Und einen Gurt gibt es auch nur für den Fahrer.
Nun zum Unterricht an sich: Ich habe bisher zwei Strecken die ich fahre, entweder den Highway (die Autobahn) raus aus Bo, Richtung Freetown, der meist sehr leer ist und die andere Richtung, Richtung Kenema, die ein wenige durch Bo führt und somit mehr befahren ist. Ich fahre also die Straße rauf und runter. Was ich bisher gelernt habe? Nun ja also ich kann das Auto in Bewegung bringen, zum stoppen und ich kann gemütlich vor mich hinfahren und natürlich kann ich schalten. Mittlerweile kenne ich die Strecke auch so gut, dass ich weiß an welcher Stelle ich runterschalten muss. Aber warum und wann man genau schaltet wurde mir bis heute nicht von meinem Fahrlehrer erklärt. Auch die Sache mit dem Licht, also wo ich Fernlicht oder Warnlicht anmache, hätte ich wohl nie erklärt bekommen, wenn ich Mr. Bah, meinen Fahrlehrer, nicht ausgequetscht hätte. Als ich etwa die Hälfte meiner Fahrstunden hatte, meinte Mr. Bah plötzlich ich würde heute mal das Auto wenden. Ich weiß nun, welchen Gang ich dazu einstelle und das ich irgendwie viel am Lenkrad drehen muss, aber was ich da wirklich gemacht habe... Also sagen wir so, alleine würde ich mich noch nicht trauen zu wenden. Vorallem weil ich es nur zwei Mal gemacht habe und dann nie wieder. Zu den Sachen die man hier gar nicht lernt gehört im übrigen auch das Einparken. Solltet ihr mich also jemals
Mr.Bah 
einparken sehen: Ich parke so schlecht ein, weil ich in Afrika fahren gelernt habe, nicht weil ich eine Frau bin!  Manchmal fahren auch andere mit mir. Das finde ich auf eine Art entspannend, denn so merke ich, dass ich nicht die einzige bin, die manchmal Probleme mit dem Auto hat. Und dadurch habe ich gelernt, dass Mr. Bah eigentlich noch super nett und freundlich zu mir ist, wenn er mal laut wird, im Gegensatz zu dem wie er mit Landsleuten umspringt. Im übrigen habe ich auch hier schon gemerkt, wie leicht ich mich doch von viel Verkehr ablenken lasse und das die Tatsache, dass fast keiner hier einen Führerschein macht, die Sache noch erschwert. So fuhr ich also einen Tag gemütlich die Straße entlang und da kam ein Auto von rechts. Ich wurde langsamer, weil ich nicht sicher war, ob sie sich über die Vorfahrtsregeln im klaren waren. Doch da winkte der Fahrer, dass ich ruhig fahren sollte. Also beschleunigte ich wieder ein bisschen und... im nächsten Moment fasste mir Mr. Bah ins Lenkrad um mich ausscharren zu lassen und ich drückte die Bremse. Was ich als ein Signal deutete, dass ich fahren durfte, war nämlich von dem Fahrer des anderen Autos nicht so gedacht, immerhin fuhr er auch einfach weiter.
Alles in einem kann ich noch nicht versprechen von dem Führerschein auch in Deutschland gebrauch zu machen. So habe ich zwar die Möglichkeit meinen Führerschein innerhalb eines halben Jahres
umschreiben zu lassen und hätte damit ein heiden Geld gespart, doch muss ich die Prüfungen nochmal durchlaufen. Und wo ich mir bei der Theorieprüfung gelassen denke: Ach das lerne ich mit ner App, frage ich mich bei der praktischen wie ich mir denn bitte sowas wie parken am Berg oder eine Drei-Punkt-Wendung alleine beibringen soll. Mal schauen wie ich mich entscheide. Aber hey, alleine für das Gefühl im Fahrschulauto zu sitzen, die afrikanische Landschaft vorbeiziehen zu sehen und sich zu denken: Ich mache einen Führerschein. In Afrika. ist das das alle mal wert. Wie viele Leute können das denn von sich behaupten?!

P.S. Demnächst steht eine Fahrt in die Innenstadt von Bo an. Ich mache mir jetzt schon ein bisschen in die Hosen, da es viel mehr Leute gibt die einfach ohne zu gucken auf die Straße laufen.
P.P.S. Laut Unterschriftenliste habe ich nur noch 1 1/2 Wochen Fahrstunden.

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